Shin Splints, auch als Schienbeinkantensyndrom („medial tibial stress syndrome“ [MTSS]) bekannt, sind eine typische Läuferverletzung. Die Literatur zeigt, dass 16% aller Laufverletzungen mit einem MTSS assoziiert sind. Bei der Therapie spielt gerade auch die Patientenedukation eine wichtige Rolle.
Shin Splints treten nicht nur bei Läufern auf, auch Athleten aus High-Impact- oder Sprungsportarten können von der Überlastungsfolge betroffen sein. Um ein MTSS zu diagnostizieren sind Anamnese und körperliche Untersuchung die zentralen Säulen, bildgebende Verfahren sind nicht geeignet (1). Nach Winters sind Shin Splints definiert durch belastungsinduzierten Schmerz entlang der distalen posteromedialen Kante der Tibia sowie einen palpatorischen Schmerz auf mindestens fünf Zentimeter Länge in dieser Region. Typischer Weise lassen die Beschwerden in Ruhe nach (1).
Bei der Behandlung eines MTSS spielt die Edukation eine zentrale Rolle – und zwar als Auftakt. „Unter Patientenedukation werden jene Strategien verstanden, in deren Zentrum die systematische Vermittlung gesundheits- bzw. krankheitsspezifischen Wissens steht, das (chronisch) Erkrankte benötigen, um ihre Situation konstruktiv zu bewältigen und einen aktiven Part bei der Wiedererlangung bzw. Sicherung ihrer verbliebenen Gesundheit einzunehmen.“ (2)
Es geht darum, den/die Patient:in abzuholen und die Therapieschritte mit ihm zu erläutern; Kein leichtes Unterfangen. Dies hat damit zu tun, dass die Erwartung des Patienten und voraussichtliche Dauer bis zur Beschwerdefreiheit häufig auseinanderliegen. Die klinische Erfahrung zeigt laut Winter, dass es etwa neun bis 12 Monate dauert, bis ein:e Athlet:in wieder schmerzfrei auf gewohntem Niveau trainieren kann. Dies ist zudem abhängig von der persönlichen Zielsetzung.
Physiotherapeut Wolfgang Schoch kennt solche Situationen auch, wie er in einem Interview mit OSINSTITUT.de bestätigt. Er arbeitet im PULZ in Freiburg häufig mit Läufer:innen: „Ich denke, besonders herausfordernd ist es, die hohen Erwartungen der Patient:innen zu managen. Häufig ist vielen nicht klar, wie lange es dauern kann, bis sie wieder schmerzfrei ihrem Sport nachgehen können. Man muss Fingerspitzengefühl haben und den Patienten intensiv mitnehmen.“ Neben der möglichen Dauer sollten Betroffene auch über den Zusammenhang von Shin Splints und (fehlerhafter) Belastungssteuerung aufgeklärt werden (1). Nach Winter steht also die Edukation vor der eigentlichen Therapie. Wie diese dann gestaltet werden kann, zeigen Wolfgang Schoch und Christian Garlich im Onlineseminar Shin Splints – des Läufers Albtraum.
Literatur
(1) Winters M. (2019). Diagnostik und Therapie des Schienbeinkantensyndroms. Unfallchirurg; 122: 848–853.
(2) Schaefer D, Petermann F (2020). Patientenberatung / Patientenedukation. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Online. Abgerufen am 12.08.2022
Text: Nils Borgstedt