Nachgefragt beim VfB Stuttgart
Warum RTAA, Martin Franz?

Am Anfang steht der Test. Aber warum und was bedeutet das für die Trainingsarbeit? Wir haben bei Martin Franz, Leiter Performance beim VfB Stuttgart nachgefragt.

Der Return to Activity Algorithmus (RTAA) ist bei vielen Mannschaften der ersten und zweiten Bundesliga etabliert. Der VfB Stuttgart setzt ihn sowohl beim Nachwuchs wie auch bei den Profis konsequent ein. Aber warum eigentlich? Martin Franz, Leiter Performance beim VfB, verrät es im Interview.

OSINSTITUT: Welche trainingswissenschaftlichen und physiotherapeutischen Aspekte sind die Stützpfeiler für eine gute Spielerbetreuung?

Martin Franz: Ganz grundsätzlich geht es zunächst darum, sich einen Überblick zu verschaffen, wo die Mannschaft und wo der einzelne Spieler stehen. Welche Defizite gibt es bezüglich Mobilität, Stabilität oder Kraft. So bekomme ich eine Baseline und kann mein Training entsprechend ausrichten.

OSINSTITUT: Wann und wie erhebt ihr die Daten?

Martin Franz: Das Screening ist ein fester Bestandteil am Beginn jeder Vorbereitung, sowohl im Nachwuchs wie auch bei den Profis. Wir führen mit dem kompletten Kader den RTAA, den FMS und den Bunkie-Test als Weak-Link-Test durch. Die Werte werden dokumentiert und wir erhalten einen Ist-Wert von jedem Spieler.

OSINSTITUT: Welche Konsequenzen zieht ihr aus den Daten?

Martin Franz: Durch die Daten ergibt sich ein individuelles Spielerprofil, das uns Hinweise auf Schwachstellen im Bewegungsapparat gibt. Jeder Spieler erhält im Anschluss ein auf ihn zugeschnittenes Korrekturprogramm. Es wird über die Saison hinweg immer wieder angepasst. So können wir Defiziten gegensteuern und stets den aktuellen Status des Spielers berücksichtigen.

OSINSTITUT: Und wie läuft dann bei euch die Umsetzung? Bildet ihr Trainingsgruppen bei Spielern mit ähnlichen Auffälligkeiten?

Martin Franz: Nein, Trainingsgruppen gibt es nicht. Jeder absolviert sein Individualprogramm. Mindestens zwei- bis dreimal die Woche wird das in das Training integriert.

OSINSTITUT: Du hast eingangs den RTAA genannt. Was hat euch überzeugt, auf den RTAA zurückzugreifen?

Martin Franz: Der RTAA liefert uns mit wenig Equipment und in relativ kurzer Zeit valide Ergebnisse, sodass wir Risikofaktoren identifizieren können, etwa Probleme bei der Beinachsenstabilität. Aufgrund der erfassten Werte können wir gezielt präventiv arbeiten. Außerdem erhalten wir wichtige Baseline-Werte des gesunden Spielers. Sollte er sich verletzen, wissen wir, wo wir wieder hin wollen.

OSINSTITUT: Insbesondere bei der Betreuung eines verletzten Spielers ist Kommunikation von zentraler Bedeutung. Physiotherapeuten, Ärzte, Athletiktrainer, Cheftrainer und nicht zuletzt der Spieler selbst: alle wollen wissen, wie es um den Spieler steht und wann er wieder fit ist. Wie geht ihr mit dieser Herausforderung um?

Martin Franz: Es ist wichtig, dass alle die „gleiche Sprache“ sprechen. Die Screenings im gesunden Zustand helfen dabei. In der Kommunikation zwischen Spieler und Trainer beispielsweise fördert der RTAA das Verständnis für bestimmte Entscheidungen. Man kann dem Spieler aufzeigen, welche Werte er vor der Saison erreicht hat und wo er jetzt steht. Er kann so besser nachvollziehen, warum er noch nicht wieder ins Mannschaftstraining zurückkehren kann, obwohl er sich schon danach fühlt. Und auch interdisziplinär hat der RTAA bei uns die Kommunikation erleichtert. Vor allem in der Zusammenarbeit mit der uns angeschlossenen VfB-Rehawelt. Kommt ein Spieler zu uns zurück, wissen wir genau, auf welchem Level er steht und wo unser Training mit ihm ansetzen muss. So erreichen wir eine optimale Betreuung des Spielers während der Reha bis zu seinem Comeback.

OSINSTITUT: Vielen Dank für das Gespräch. Und weiterhin eine möglichst verletzungsfreie Saison.


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Foto: © VfB Stuttgart

Interview: Nils Borgstedt