Onlineseminar HWS
Zu viel Respekt vor der HWS? Interview mit Prof. Dr. Hannu Luomajoki

Am 06. Mai 2021 findet um 19:00 Uhr unser Onlineseminar HWS: Beurteilung der motorischen Kontrolle und Training der Nackenmuskulatur statt. Gastdozent ist Prof. Dr. Hannu Luomajoki. Wir haben vorab bei ihm schon mal nachgefragt, worum es genau geht und bei welchen Beschwerden Physiotherapeuten in Sachen HWS hellhörig werden sollten.


OSINSTITUT: Geht man zu weit, wenn man sagt: Die HWS samt Nackenmuskulatur ist eine häufig vernachlässigte Struktur?

Hannu Luomajoki: Ich habe das Gefühl, dass mache Physiotherapeuten etwas zu viel Respekt haben vor der Arbeit mit der Halswirbelsäule. Sie sind unsicher, wie sie untersuchen sollen. Dabei ist HWS eine sehr dankbare Körperregion für eine physiotherapeutische Behandlung. Neben manuellen Techniken kann man auch gut aktiv arbeiten lassen, um die motorische Kontrolle und Bewegungskontrolle zu verbessern.

Warum kann auch bei Beschwerden der HWS in der Beurteilung der Bewegungskontrolle der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie liegen?

Es gibt eine Subgruppe von HWS-Patienten mit Problemen der motorischen Kontrolle und Bewegungskontrolle. Das sind häufig eher hypermobile Patienten und vor allem Patienten nach Schleudertraumen oder anderen Verletzungen von Kopf und Halswirbelsäule. Dazu zählen zum Beispiel auch Fußballspieler, Kampfsportler, die Schläge gegen den Kopf bekommen haben, oder auch Reiter, die vom Pferd gefallen sind. Diese Traumen können eine Bewegungskontrolldysfunktion nach sich ziehen. Wenn ich das als Therapeut weiß und erkenne, kann ich den Betroffenen oft helfen.


Seminarhinweis:

Was? HWS: Beurteilung der motorischen Kontrolle und Training der Nackenmuskulatur
Wo? Online (zoom)
Wann? 06.05.2021, 19:00 Uhr
Wer spricht? Dozenten sind Prof. Dr. Hannu Luomajoki, Volker Hacker, Matthias Keller
Für wen? Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, Trainer, Ärzte
Sonstiges? 2,5 Stunden, 90,00 Euro

Anmeldung und Buchung


Welche Einschränkungen treten besonders häufig auf? 

Wie gesagt, handelt es sich meist um hypermobile Patienten oder Patienten nach Trauma. Sie können dann Haltungsprobleme entwickeln – zum Beispiel eine Forward-Head-Posture –, ihre Koordination der Bewegungen kann schlecht sein – Stichwort Joint reposition sense –, die tiefen Nackenflexoren sind schwach, Bewegungskontroll-Tests können positiv ausfallen und auch die Augen-Kopf-Kontrolle kann auffällig sein.

Wann sollte für mich als Therapeut die HWS in den Fokus rücken? Nur bei „Nackenbeschwerden“ meines Patienten oder auch bei anderen Beschwerden?

Es geht primär um Nackenschmerzen, aber häufig auch um Kopfschmerzen. Bei einem Trauma, zum Beispiel Schleudertrauma oder Kopfverletzungen, kommen häufig auch Schwindel, Konzentrationsstörungen oder Schlafprobleme hinzu.

Wie steht es um die Evidenz zu Tests der Bewegungskontrolle der HWS?

Die Tests, die wir auch im Onlineseminar  HWS: Beurteilung der motorischen Kontrolle und Training der Nackenmuskulatur besprechen, haben gute Evidenz. Mehrere Studien wurden schon zu Reliabilität und Validität publiziert. Und auch die Hinweise für eine gute Effektivität sind deutlich. Verschiedene Studien werden auch im Onlineseminar vorgestellt, es wird hier aber vor allem um praktische Hinweise zur Durchführung der Tests und Übungen gehen.

Vielen Dank, Hannu, für das Interview, wir freuen uns auf das Seminar!

Das Gespräch führte Nils Borgstedt


Bild: (c)jochenpippir/pixaby

Interviewpartner Prof. Dr. PD Hannu Luomajoki

ist Dipl.-Physiotherapeut (OMT) mit einem Master in Manueller Therapie. Er promovierte 2010 und habilitierte 2016 in Finnland. Seit 2007 leitet er das Masterprogramm für muskuloskeletale Physiotherapie in der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und betreut Masterarbeiten und Promotionsprojekte. Als Redner war er bereits bei zahlreichen nationalen und internationalen Kongressen zu Gast und publizierte über 30 peer-reviewed Forschungsartikel sowie 40 Fachartikel. Er ist Reviewer und gehört zum wissenschaftlichem Beirat diverser Fachzeitschriften, unter anderem der Zeitschrift "Manuelle Medizin" . Prof. Luomajoki beschäftigt sich darüber hinaus mit der Kosteneffektivität im Gesundheitswesen sowie dem Einsatz neuer Technologien in der Physiotherapie.