Proteine zählen neben Fett und Kohlenhydraten zu den drei Makronährstoffen. Entsprechend wichtig sind sie in der Ernährung. Warum genau und ob es eine überlegene Proteinquelle gibt, wollten wir von Dr. Robert Percy Marshall wissen, Mannschaftsarzt bei RB Leipzig und unser Gastreferent beim Onlineseminar "Ernährung im (Leistungs)Sport – was, wann, warum?"
OSINSTITUT: Welche Rolle spielen Proteine bei der Ernährung generell und für Leistungssportler im Speziellen?
Dr. Robert Percy Marshall: Proteine sind die essentielle Grundsubstanz der Muskulatur. Damit sind sie gerade in Zeiten des Kraftzuwachs, hoher Belastungen und in Heilungsphasen von größter Bedeutung.
OSINSTITUT: Welche Bedeutung haben Proteine für die Regeneration?
Dr. Robert Percy Marshall: Der Körper regeneriert sowohl auf energetischer als auch auf struktureller Ebene. Für die strukturelle Regeneration (und Superkompensation) benötigt der Körper Aminosäuren, also Proteine. Sie sind quasi die Bausubstanz für neue Muskulatur und damit unerlässlich, um gut zu regenerieren und fit zu werden.
OSINSTITUT: Wie viel Eiweiß sollte ein Durchschnittsmensch zu sich nehmen und wie unterscheidet sich der Bedarf bei Sportlern (Kraftsportler und Fußballer)?
Dr. Robert Percy Marshall: Die herkömmliche Empfehlung für die Zuführung von Proteinen in der Normalbevölkerung liegt bei 0,8-1,0g/kg Körpergewicht. Für Sportler:innen sind diese Werte höher anzusetzen. Je nach Belastungsform können die Empfehlungen bis zu 2,0g/kg Körpergewicht gehen.
OSINSTITUT: Gibt es eine Proteinquelle, die überlegen ist?
Dr. Robert Percy Marshall: Generell gilt es diesbezüglich, verschiedene Aspekte abzuwägen. Tierische Proteine sind pflanzlichen Proteinquellen in Hinsicht auf ihre Bioverfügbarkeit überlegen. Gleichwohl wird der übermäßige Verzehr von rotem Fleisch mit einem erhöhten Entzündungsgeschehen im Körper assoziiert. Fisch und Geflügel scheinen hier eine sehr gute Alternative dazustellen. Meine persönliche Meinung ist in dieser Hinsicht, dass eine ausgewogene Zufuhr von Proteinen in hoher Qualität im Fokus stehen sollte, anstatt sich auf eine einzige Proteinquelle zu beschränken.
OSINSTITUT: In der Regel wird der Proteinbedarf mit einer ausgewogenen Ernährung bei der Normalbevölkerung ausreichend gedeckt. Dennoch nehmen auch viele Hobbysportler Proteinriegel oder -shakes zu sich. Was steckt dahinter? Und wie handhabt ihr die Eiweißversorgung im Profi-Mannschaftssport?
Dr. Robert Percy Marshall: Für Sportler ist es zum Teil schwer, 150g Protein in Form von natürlicher Nahrung zu sich zu nehmen. Außerdem ist der Hunger manchmal direkt nach sportlicher Belastung noch nicht ausgeprägt genug, um ausreichend zu essen, gleichzeitig hat der Körper hat dann aber den größten Bedarf an Eiweiß. In diesen Fällen sind Protein-Shakes durchaus sinnvoll sind. Eine gesunde Ernährung kann aber durch keinen Shake ersetzt werden. Dennoch (aufgrund der o.g. Gründe) gehört auch bei uns der Shake beim Sportler nach dem Training zur täglichen Routine.
OSINSTITUT: Worauf sollte man bei Proteinsupplementen achten?
Dr. Robert Percy Marshall: Die Qualität ist hier entscheidend. Außerdem sollte man sich die Indikation überlegen. Wünscht man länger verfügbare Proteinquellen zur Nacht (bspw. Casein) oder direkt resorbierbare Eiweiße nach dem Training (bspw. Whey-Protein).
OSINSTITUT: Hast du zum Abschluss noch generelle Lesetipps, um in das Thema Ernährung einzusteigen?
Percy: Es fällt mir schwer, hier ein einziges Literaturwerk zu empfehlen. Eine sehr schöne Aufarbeitung für Einsteiger ist der „FC Barcelona Sports Nutrition Guide (2016)“, welcher frei verfügbar online verfügbar ist (Link). Mittlerweile kann man sich jedoch auch sehr gut über Social-Media (Blogs, LinkedIn, o.ä.) informieren. Ich bin tatsächlich auch ein Freund von Seminaren wie vom OSINSTITUT, in denen man im Dialog mit Praktikern über diese Themen sprechen kann.
OSINSTITUT: Schön, wir freuen uns auf das Seminar mit dir. Vielen Dank für das Interview.
Interviewpartner Dr. med. Robert Percy Marshall
Dr. med. Robert Percy Marshall ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und hat einen Master-Abschluss in Mikronährstofftherapie und Regulationsmedizin. Seit 2018 ist er Mannschaftsarzt von RB Leipzig. Sein ganzheitliches Behandlungsspektrum umfasst schulmedizinische, funktionelle Sportmedizin, orthomolekulare sowie TCM- und osteopathische Ansätze. Als Mitbegründer des Instituts für Sport- und Bewegungsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf war er zuvor für die Professionalisierung der sportmedizinischen Betreuung der HSV-Jugendakademie verantwortlich
Das Interview führte Nils Borgstedt