Nachbericht zum 7. Jahreskongress des OSINSTITUTs
Return to Sport bei Knorpelverletzungen

Wir blicken nochmal zurück auf unseren 7. Jahreskongress im vergangen Jahr. In neun Vorträgen bleuchteten die Referenten den Themenkomplex "Prehab und Rehab – der Knorpel im Fokus". Kleiner Ausblick: In diesem Jahr steht am 26.06.2021 der 8. Jahreskongress an.

Nachbericht zum 7. Jahreskongress: Prehab und Rehab – Der Knorpel im Fokus

Der „Return to Sport“-Prozess stellt Fachkräfte unterschiedlicher Disziplinen vor große Herausforderungen. PD. Dr. med. Götz Welsch, leitender Mannschaftsarzt des HSV, und Bernhard Peters, ehemaliger Sportdirektor der TSG 1899 Hoffenheim und des HSV, stellten sich diesem Thema beim 7. Jahreskongresses des OSINSTITUTs. Passend zum Thema der Veranstaltung „Prehab und Rehab – der Knorpel im Fokus“ lieferte Dr. med Christina Valle, Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Evidenz und Tipps rund um das Thema Ernährung und Knorpel .

Return to Sport nach akutem Knorpelschaden: Wann und wer?

PD Dr. med. Götz Welsch, Ärztlicher Leiter am Athleticum des UKE, startet seinen Vortrag, mit der Definition der unterschiedlichen Rehabilitationsphasen. 

Die Rehabilitation beginnt mit dem Return-to-Activity-Prozess: Ziel dieser Phase ist es, Basisfunktionen wiederherzustellen. Im daran anschließenden „Return to Sport“ (RTS) erfährt der Spieler erste sportartspezifische Belastungen. Nimmt der Spieler im Training wieder an wettkampfähnlichen Belastungsformen teil, gilt das als Return to Play. Am Ende des Rehabilitationsprozesses steht die vollständige Wiedereingliederung des Sportlers in den aktiven Wettkampf, dem Return to Competition. Entscheidend bei der Reha-Steuerung sei ein schrittweises Vorgehen bei bestmöglich anwendbarer Evidenz, so Welsch. Um die Belastung zu steuern, setzt das Funktionsteam des Hamburger SV in der Reha den so genannten Return-to-Activity-Algorithmus (RTAA) ein und kombiniert diesen mit zusätzlichen Leistungstests.

Welche Rolle spielt die OP Methode 

Untersuchungen des Return to Sport zeigen, dass die gewählte OP-Methode erste Hinweise auf den Erfolg und zeitlichen Ablauf nach der Operation geben kann.

Eine große Metaanalyse (n=2549) ergab, dass 76% der Operierten in ihren Sport zurückgekommen konnten. Hier zeigte die Mikrofrakturierung (MF) eine RTS-Rate von 58% in durchschnittlich 9,6 Monaten. Die Autologe Chondrozytenimplantation (ACI) zeigte eine Rate von 82% in durchschnittlich 11,8 Monaten, der Osteochondrale Autograft-Transfer (OAT) dagegen eine Rate von 93% in durchschnittlich 5,2 Monaten. Die Untersuchung belegt, dass die OAT aktuell die OP-Methode mit der höchsten Erfolgschance bei kürzester Rehabiliationszeit ist. Jedoch hat jede OP-Variante Vor- und Nachteile, und es muss abgewogen werden, für welchen Patienten welcher Behandlungsweg der richtige ist. 

Wie steht es um die konservative Therapie?

Aufgrund der längeren Ausfallzeit und eventuell negativer Operationsfolgen wird im Profifußball häufiger eine konservative Therapie eingesetzt. Welsch spricht hierbei vom „Stay and Play“. Wissenschaftlich ist diese Therapie allerdings weniger gut untersucht. Es braucht eine gut funktionierende Verbindung aus Prävention, Knorpelsupplementation, Rehabilitation und Operation; ergänzend können unterstützende Therapien wie z.B. Eigenblut (Platelet-Rich Plasma, PRP) genutzt werden.  

“Eine Operation ist immer nur eine Symptom Veränderung, wichtig ist, dass die Ursache erkannt und adressiert wird”

Die Möglichkeiten von Knorpelsupplementation vermittelte Dr. Christina Valle in ihrem Vortrag „Können wir mit unserer Ernährung den Knorpel beeinflussen?“ Darin zeigte sich, dass die Evidenz im Bereich der Ernährung allgemein niedrig ist. Die Substitution von Chondroitinsulfaten sowie Glucosaminen zeigten jedoch moderate Ergebnisse bei Beschwerden durch Knorpeldefekte. Auf Rückfrage der Zuschauer empfahl die Expertin eine Anpassung des Ernährungsverhaltens. Allgemein zeigte nämlich nur eine mediterrane Diät eine hohe Evidenz in Bezug auf die Verlangsamung Entwicklung

Nachbehandlung bei Knorpelverletzungen

Da zur Nachbehandlung von Knorpelschäden kaum Evidenz vorliegt, sollte eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Therapeut bestehen. Es muss beachtet werden, dass die Behandlung bei jedem Patienten sehr individuell ist und das Vorgehen genau abgewogen werden muss. Besonders zu Beginn der Rehabilitation sind die Vorgaben des Operateurs wegweisend. Während des gesamten Rehabilitationsprozesses ist darauf zu achten, dass das Gelenk reizfrei bleibt. Probleme sind bei Knorpelpatienten auch noch im späteren Rehabilitationsverlauf möglich und sollten immer eine Regression der Belastung zur Folge haben, so Welsch.  In diesem Zusammenhang sollte auch die genaue Lokalisation des Knorpeldefekts beachtet werden. Variationen von Übungen, beispielsweise die Reduktion des Bewegungsumfangs, können helfen, den Knorpeldefekt zu schützen und gleichzeitig Muskulatur aufzubauen. 

Return to Sport – eine nicht-medizinische Betrachtung

Dass beim Return-to-Sport-Prozess die Verantwortung nicht nur beim medizinischen Team liegt, vermittelte Bernhard Peters in seinem Vortrag. Für den ehemaligen Hockey-Nationaltrainer geht es nicht nur um die rein medizinische Rehabilitation, sondern darum, die Bindung des verletzten Spielers zum Verein und zur Mannschaft nicht abreißen zu lassen. Entscheidend sind dabei die Vermittlung von gegenseitigem Vertrauen sowie Sicherheit bei der Betreuung und der Zukunftsplanung. 

„Was können wir (außer der bestmöglichen medizinischen Versorgung) tun, um den Spieler in optimaler Verfassung wieder auf den Platz zu bekommen?“

Anforderungen an das Team

Mit diesem Ansatz wachsen die Anforderungen an das gesamte Team. Entscheidend sei eine wertschätzende Kommunikation bei der Führung des Reha-Prozesses. Es braucht einen „klaren Bezug zum Spieler mit einheitlicher Sprache und Aussagen, sonst kommt es zum Vertrauensverlust“, so Peters. Dabei sieht er auch den Cheftrainer in der Verantwortung, der aus seiner Sicht den Return-to-Sport-Prozess emotional begleiten soll. Ein verletzter Spieler „muss vom Cheftrainer wissen, dass er eine ehrliche Bedeutung für ihn hat“ erklärt der ehemalige Sportdirektor. 

Auch in der medizinischen Betreuung geht es nicht mehr nur um erstklassiges und aktuelles Fachwissen, sondern darum, das Vertrauen des verletzten Spielers zu gewinnen. Dabei ist die Kommunikation an den Schnittstellen der Fachbereiche entscheidend. Wöchentliche Meetings, tägliche Absprachen und eine gemeinsame Planung zählt Peters zu den wichtigsten Bausteinen. Daneben müssen die Fachkräfte aber auch die Fähigkeit besitzen sich emotional an einen Spieler zu binden, damit sich dieser optimal versorgt fühlt. Dass sich auch die Wertschätzung durch Mitspieler positiv auswirken kann, zeigte Peters an Spieler-Beispielen aus seiner jahrelangen Erfahrung.

Welche Potentiale gibt es für die Zukunft?

Ein schönes Beispiel für die nicht-medizinische Umsetzung eines Return-to-Sport-Prozesses, sieht der ehemalige Hockey-Nationaltrainer in der Corona-Krise. In dieser Zeit waren „alle Spieler wie verletzt“, da kein gemeinsames Training möglich war. Anhand eines exemplarischen Wochenplans zeigte er, wie mit Aufgaben, Projekten und virtuelle Gespräche ein Wochenrhythmus geschaffen werden kann. Dazu zählen beispielsweise gemeinsame Analysen oder auch die gemeinschaftliche Auswertung eines Spiels. In solchen Modellen sieht Peters eine Chance, verletzte Spielern in einen normalen Wochenrhythmus der Mannschaft einzubeziehen und ihre Rehabilitation zu verbessern. Denn neben einer optimalen medizinischen Betreuung sollten verletzte Spieler in Mannschaftsaktivitäten eingebunden und weiter gefördert werden. Chancen sieht der Referent dafür in Weiterbildungsmöglichkeiten durch Fachtexte, aber auch in Angeboten zur Trainer- und Expertenschulungen. 

Beim 8. Jahreskongress des OSINSTITUTs am 26.06.2021 in München stehen wieder Expertenvorträge, Diskussionen und Austausch auf dem Programm. Dann zum Thema „Herausforderung Muskel & Sehne“. 

Take Home Messages 

  • Wahl der Behandlung (OP-Methoden) beachten
  • Stufenweise Wiedereingliederung 
  • Interdisziplinäre Kommunikation
  • Wertschätzung und Einbindung 

  

Hinweis: Die Autoren sind Mitarbeiter des OSINSTITUTs