Der PREHAB SCREEN® ist ein zentraler Bestandteil Moduls PREHAB der Ausbildung zum OSCOACH ortho&sports expert. Mit dem Leiter des OSINSTITUTs, Matthias Keller, haben wir in einem kurzen Interview über die Anforderungen an einen Screen sowie den PREHAB SCREEN® selbst gesprochen.
OSINSTITUT: Welche Voraussetzungen muss ein Screening deiner Meinung nach mitbringen, um sinnvoll eingesetzt werden zu können?
Matthias Keller: Besonders wichtig bei einem Screening ist die Umsetzbarkeit, sowohl zeitlich als auch in Bezug auf das benötigte Equipment. Es muss in dem Setting stattfinden können, in dem ein Therapeut, Sportwissenschaftler oder Trainer arbeitet. Zudem sollte ein Screening so einfach durchzuführen sein, dass es jeder versteht und anwenden kann. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass komplizierte und zu aufwändige Verfahren erst gar nicht in der Praxis genutzt werden.
Wichtig ist darüber hinaus, dass man aus den erhaltenen Ergebnissen entsprechende trainingstherapeutische Konsequenzen ziehen kann. Die schönsten Daten sind nichts wert, wenn ich nicht weiß, was ich mit ihnen anfangen soll.
Generell gelten fünf Prinzipien für ein Screening: Es muss umsetzbar, relevant, individualisiert, standardisiert und interpretierbar sein.
OSINSTITUT: Mit dem PREHAB SCREEN® hast du mit einigen Kollegen aus dem Institut einen Screen entwickelt, der für die Erstellung von präventiven Trainingsplänen herangezogen werden kann. Was unterscheidet den PREHAB SCREEN® von anderen präventiven Screenings?
Matthias Keller: Das Wort „Screening“ kann unterschiedlich eingesetzt werden. Es geht beim PREHAB SCREEN® nicht darum, Personen herauszufiltern, die besonders hohe Risiken für Verletzungen oder Schmerzen haben und es ist schon gar kein klinisches Tool zur Diagnosestellung. Der PREHAB SCREEN® ist komplett darauf ausgelegt, möglichst schnell präventive Übungsprogramme zu erstellen. Im Vordergrund steht daher die Konsequenz aus den Ergebnissen. Es geht darum, Potentiale einer Person zu finden, damit der Therapeut oder Trainer in möglichst kurzer Zeit eine Idee bekommt, welche Übungen am schnellsten ausgewählt werden können, um die grundlegenden Bewegungsmuster zu verbessern.
Die zweite Besonderheit des PREHAB SCREENs ist seine Einteilung in verschiedene Belastungen von Low Threshold bis High Threshold. Alle im Screen enthaltenen Tests lassen sich modular zusammenstellen. Man muss also nicht jeden Test durchführen, sondern kann die für den konkreten Fall relevantesten auswählen. Das funktionelle Profil einer Person beeinflusst also die Auswahl und Anzahl der einzelnen Tests.
OSINSTITUT: Worauf fußen eure Überlegungen hinter dem PREHAB SCREEN®?
Matthias Keller: Unser Ziel war es, einen Screen zu entwickeln, der einfach und überall umsetzbar ist und für den man kein Equipment benötigt. Neben komplexen Bewegungsmustern sollen auch isolierte Bewegungen abgefragt werden. Dabei spielt die Beweglichkeit und die motorische Kontrolle eine wichtige Rolle. Ein weiterer entscheidender Punkt für uns war, dass der PREHAB SCREEN® auch eine gute Ergänzung zu unseren Return to Activity Algorithmen (RTAA®) darstellen sollte, der primär eine Belastungserprobung darstellt.
OSINSTITUT: Warum gibt es die Einteilung der Tests in isoliert, integriert und dynamisiert?
Matthias Keller: Diese Unterscheidung orientiert sich eigentlich an Übungen. Hier hat man eine ähnliche Aufstellung: es gibt Übungen, die schnell, explosiv und dynamisch durchgeführt werden, komplexere Übungen, die motorisch anspruchsvoll, aber ohne einen dynamischen Impact stattfinden und es gibt isolierte Übungen, zum Beispiel Mobilisation für das Sprunggelenk oder die Hüfte. Alles hat eine Relevanz und bedingt sich.
Bei gewissen komplexen Bewegungen kann auch bestimmtes isoliertes Potential „versteckt“ bleiben. Daher ist es wichtig, auch Strukturen isoliert zu überprüfen, wenn man die Vermutung hat, dass hier ein beitragender oder ursächlicher Faktor sein könnte. Ein Beispiel: Bei der Kniebeuge kann ein Musterproblem vorliegen oder aber die Beweglichkeit im Sprunggelenk, der Hüfte oder Brustwirbelsäule eingeschränkt sein. Daher sollte man Regionen auch isoliert untersuchen, um herauszufinden, wo das Potential tatsächlich liegt. Außerdem tauchen manche Regionen bei integrierten Bewegungen gar nicht auf, wie zum Beispiel die Großzehe bei einer Kniebeuge. Für das Laufen und Joggen ist die Beweglichkeit der Großzehe aber sehr wichtig. Daher macht es Sinn, sich diese isoliert zu betrachten und so weiter. So bekommt man verschiedene Ebenen in einem funktionellen Profil von isoliert über integriert zu dynamisiert und gewinnt dadurch Informationen, die man zielgerichtet in einem Trainingsplan abbilden kann.
OSINSTITUT: Und was mache ich am Ende des Tages mit den erhaltenen Werten?
Matthias Keller: Die Ergebnisse zeigen mir, wo Potentiale innerhalb eines Bewegungsmusters liegen – insoliert bis intergriert. Ich bekomme eine Idee, mit welchen gezielten Übungen ich Verbesserungen erreichen kann, verbunden mit Ziel, dass der Trainierende eine bessere Basis bekommt für die Belastungen des Alltags und des Sports.
Das Gespräch führte Nils Borgstedt
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