Im Oktober ist Dr. Robert Percy Marshall Gastreferent im Onlineseminar „Ernährung im (Leistungs)Sport – Nahrungsergänzungsmittel Kreatin“. Im Vorab-Interview gibt er bereits einen Einblick, was Kreatin ist, für wen und wann einen Einnahme Sinn macht und was es mit der häufig erwähnten Wassereinlagerung in Folge einer Kreatin-Supplementation auf sich hat.
OSINSTITUT: Kreatin ist in aller Munde. Was ist Kreatin genau?
Dr. Robert Percy Marshall: Kreatin ist eine natürliche Substanz, die sowohl im menschlichen Körper als auch in bestimmten Lebensmitteln vorkommt. Da Kreatin auch im Körper selbst synthetisiert wird, gilt es nach derzeitiger Definition nicht als essenzieller Nährstoff. Kreatin ist als Phospho-Kreatin direkt am menschlichen Energiestoffwechsel beteiligt. Dabei schützt es uns vor kurzfristigen Energiedefiziten. Aufgrund seiner puffernden, antioxidativen und antientzündlichen Wirkung schützt es unsere Zellen aber auch vor den Folgen chronischer Erkrankungen.
OSINSTITUT: Ab wann macht eine Einnahme von Kreatin Sinn?
Dr. Robert Percy Marshall: Kreatin ist mit über 20.000 veröffentlichten Forschungsarbeiten das best-erforschteste Nahrungssupplement der Welt. Kreatin wurde lange Zeit vor allem von Sportlern eingenommen aufgrund seiner Leistungs- und Regenerations-fördernden Wirkung. Mittlerweile wissen wir, dass es kaum eine Personengruppe gibt, die nicht davon profitiert. Die Effekte sind dabei alters- und geschlechtsunspezifisch. Kreatin kann präventiv und therapeutisch eingenommen werden.
OSINSTITUT: Ist Kreatin nur für Kraftsportler geeignet oder für Ausdauersportler?
Dr. Robert Percy Marshall: Für die reine Leistungssteigerung profitieren Kraftsportler mehr als Ausdauersportler. Wenn man jedoch erkennt, welche gesundheitsfördernde Effekte die Einnahme von Kreatin birgt, dann sollte die Empfehlung weit über den Sport hinaus gehen.
OSINSTITUT: Kritisiert wird häufig, dass Kreatin auch für Wassereinlagerungen sorgt. Ist das „Praller-werden“, das gerade viele Hobby(kraft)sportler anpeilen, dann nur Optik oder gibt es auch einen wirklichen Kraftzuwachs?
Dr. Robert Percy Marshall: Die Einnahme von Kreatin führt nur bei alten Einnahmeprotokollen und sogenannten Lade-/Erhaltungsphasen zu Wassereinlagerungen. Wenn jedoch aktualisierte Protokolle durchgeführt werden, kommt es. nicht mehr zu diesen Nebenwirkungen. Generell gilt, dass Kreatin sehr gut vertragen wird und kaum Nebenwirkungen hat, wenn das Einnahmeprotokoll stimmt.
OSINSTITUT: Hast du Literaturtipps, wenn sich jemand näher mit Kreatin beschäftigen möchte?
Dr. Robert Percy Marshall: In der zweiten Jahreshälfte 2024 werde ich zusammen mit Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Gießing ein englischsprachiges Standardwerk „Creatine – a natural substance and it benefits for muscle building, fitness, health & longevity” herausbringen. Es fasst den aktuellen Wissensstand einfach verständlich für interessierte Laien und Fachpublikum zusammen. Außerdem sind diese beiden Paper gut, um sich schon mal einzulesen:
- Marshall, Robert Percy, et al. "Role of Creatine Supplementation in Conditions Involving Mitochondrial Dysfunction: A Narrative Review." Nutrients 14.3 (2022): 529.
- Antonio, Jose, et al. "Common questions and misconceptions about creatine supplementation: what does the scientific evidence really show?." Journal of the International Society of Sports Nutrition 18 (2021): 1-17.
Die Fragen stellte Nils Borgstedt via E-Mail
Zum Interviewpartner
Dr. med. Percy Marshall ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und hat einen Master-Abschluss in Mikronährstofftherapie und Regulationsmedizin. Seit 2018 ist er Mannschaftsarzt von RB Leipzig. Sein ganzheitliches Behandlungsspektrum umfasst schulmedizinische, funktionelle Sportmedizin, orthomolekulare sowie TCM- und osteopathische Ansätze. Als Mitbegründer des Instituts für Sport- und Bewegungsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf war er zuvor für die Professionalisierung der sportmedizinischen Betreuung der HSV-Jugendakademie verantwortlich.
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