Nachbericht
Onlineseminar HWS – Übungen, Tests, Evidenz

Matthias Keller, Volker Hacker und Prof. Dr. Hannu Luomajoki haben Tests und Übungen vorgestellt, die insbesondere bei Patienten mit unspezifischen Nackenschmerzen zur Anwendung kommen. Im Anschluss entspann sich eine angeregte Diskussion zwischen Teilnehmern und Vortragenden.

HWS – Evidenz

Zweieinhalb Stunden standen gestern Abend ganz im Zeichen einer Struktur, vor der „manche Physiotherapeuten etwas zu viel Respekt haben“, sagt Prof. Dr. Hannu Luomajoki. Im Onlineseminar „HWS: Beurteilung der motorischen Kontrolle und Training der Nackenmuskulatur“ hat er als Gastreferent knapp 80 Teilnehmern gezeigt, warum die HWS eigentlich eine „dankbare Struktur“ ist, an und mit der man sehr gut arbeiten kann.

„Es gibt viele gute und zuverlässige Tests, um eine Bewegungsdysfunktion oder eine Bewegunskontrolldysfunktion der HWS zu erkennen“, berichtete der Professor. Er stellte verschiedene Tests vor und geht dabei insbesondere auf die Evidenz ein – wie ist es um die Reliabilität, Validität und Effektivität bestellt? Welche Schlüsse lassen sich daraus für die Praxis ziehen?


Zitiert:

„Es gilt zwischen Bewegungsdysfunktion und Bewegungskontrolldysfunktion zu unterscheiden. Die Bewegungsdysfunktion ist durch eingeschränkte, typischerweise schmerzhafte Bewegungen gekennzeichnet. Außerdem ist Bewegungskontrolle vom Überbegriff der motorischen Kontrolle zu unterscheiden. Zu motorischer Kontrolle gehört auch die Funktion der einzelnen (z. B. stabilisierenden) Muskeln, Koordination, Propriozeption, etc.“

Luomajoki H et al. (2018) Bewegungskontrolldysfunktion der HWS. manuelletherapie 22: 241–247


HWS – Tests

Zu den vorgestellten Tests zählten unter anderem Bewegungskontrolltests, Koordinationstests, Wahrnehmungstests, Kraft- und Kraftausdauertests sowie Tests für die Kopf-Augen-Koordination. Aus den Ergebnissen ließen sich entsprechende trainingstherapeutische Konsequenzen ziehen.

Die Untersuchungen zeigen in der Subgruppe der Patienten mit unspezifischem Nackenschmerz eines deutlich: Training hilft. Es ist dabei weniger entscheidend, welche Übungen genau der Patient ausführt, sondern dass er trainiert. Eine Aufgabe des Therapeuten liegt somit auch darin, die Motivation seiner Patienten hochzuhalten.

HWS – Fragebögen

Neben den genannten Testkategorien legte Luomajoki jedem Praktiker abschließend noch etwas besonders nahe: „Nutzt Fragebögen.“ Zwar werde dies in den Leitlinien empfohlen, im deutschsprachigen Raum aber häufig nicht gemacht. Beispiele für sinnvolle Fragebögen sind der Neck Disability Index (NDI) und die Patient Specific Functional Scale (PFSF).

HWS – Übungen

Eingerahmt wurde Luomajokis Vortrag von Beiträgen von Matthias Keller und Volker Hacker. Während Keller die Abgrenzung der verschiedenen Gruppen von Nackenpatienten vorstellte und Einblicke in den Praxisalltag gab – für den Physiotherapeuten gehören Übungen für Gleichgewicht und posturale Kontrolle bei einer Behandlung von Nackenpatienten unbedingt dazu (z.B. Romberg, BESS) –, oblag es Volker Hacker die konkrete Umsetzung von Übungen vorzustellen. In mittlerweile bekannter Manier referierte der „Herr der Übungen“ des OSINSTITUTs zu Ausführung, Coaching-Tipps und häufigen Fehlern beim Training der Nackenmuskulatur. Deutlich wurde, dass man bei Nackenpatienten keinesfalls ausschließlich auf die Region HWS beschränkt ist. Es gelte vielmehr das bekannte Prinzip: von isoliert zu integriert. Im Laufe einer Behandlung sollten auch Übungen beispielsweise zur Rumpfstabilisation oder mit weiterlaufenden Bewegungen in Brust- und Lendenwirbelsäule integriert werden.

Diskussion zum Abschluss

In der abschließenden Diskussionsrunde wurden letzte Fragen und Details geklärt, Anekdoten erzählt (zum Beispiel über Ausmaße von Hals und Nacken bei Formel-1-Fahrern) und schließlich die Teilnehmer in den Abend entlassen, mit der Erkenntnis, dass die HWS keinesfalls eine Region ist, vor der man zu viel Respekt haben muss.

Hier gibt es weitere Onlineseminare des OSINSTITUTs 

Text: Nils Borgstedt

Bild: Screenshot Onlineseminar HWS: Beurteilung der motorischen Kontrolle und Training der Nackenmuskulatur


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