Bericht von Patrick Lotz, OSCOACH seit 2015
4. Jahrestreffen des OSINSTITUTs in München

Am 30.06.2017 war es wieder so weit. Die OSCOACHES und zum ersten Mal auch "externe" TeilnehmerInnen fanden sich zum 4. Jahrestreffen in München im "Kutchiin" zusammen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch die Begrüßung von Matthias Keller und Oliver Schmidtlein. Im Anschluss wurden die Neuigkeiten Rund um das OSINSTITUT präsentiert. Matthias Keller gab einen Einblick in aktuelle Kooperationen mit diversen Bundesligavereinen und verkündete in diesem Zusammenhang, dass im nächsten Jahr Seminare beim 1. FC Köln, Borussia Dortmund und dem SC Freiburger stattfinden werden.

Das OSINSITUT ist an verschiedenen Forschungsprojekten beteiligt. Im Mittelpunkt der Forschung steht momentan der RTAA (Return to Activity Algorithmus). Die gewonnenen Erkenntnisse präsentierte Eduard Kurz in seinem Vortrag. In einer aktuellen Untersuchung gingen Eduard Kurz und Matthias Keller der Frage nach, ob die einzelnen Tests des RTAA (untere Extremität) ähnliche Eigenschaften aufweisen und damit vielleicht gar nicht alle Hop Tests eingesetzte werden müssen. Dabei stellten sie fest, dass es tatsächlich eine moderate Korrelation zwischen den Tests gibt, wenn man die Leistungen sowohl des dominanten, als auch des nicht-dominanten Beins in den einzelnen Hop-Tests vergleicht. Vergleicht man allerdings den Limb Symmetrie Index der einzelnen Test, dann zeigt sich keine Korrelation zwischen den einzelnen Tests. Fazit: Jedes Level misst eine andere motorische Fähigkeit, was den Einsatz der Tests für den RTAA bekräftigt.

Anschließend stand die Halswirbelsäule im Mittelpunkt der Vorträge.

Christine Hamilton, Mitglied der Joint Stability Research Unit, thematisierte die vielfältigen Ursachen nackenassozierter Beschwerden (NAB). In Bezug auf Schwindelproblematiken nannte sie u.a. die Rolle der Kinästhesie, das Scapulasetting sowie die Gleichgewichtsfähigkeit als relevante Ansatzpunkte. Hands-on Techniken steht sie kritisch gegenüber, da sie oft nur eine kurzweilige Symptomlinderung bringen und verwies dabei immer wieder auf die Wichtigkeit der motorischen Kontrolle der HWS. Besonders wichtig sei auch die Einstellung des Patienten/der Patientin gegenüber der Therapie. Diese müsse positiv sein, um einen Therapieerfolg erreichen zu können. Ist dies nicht der Fall, rät sie erst einmal zur edukativen Therapie in Kombination mit allgemeinen unspezifischen Übungen.

Im Anschluss stellte Matthias Keller ein Patientenbeispiel aus der Praxis vor. Es handelte sich um eine ambitionierte Hobby-Tänzerin, die v.a. bei schnellen Kopf- und Halsbewegungen Nackenbeschwerden bekam. Bei der Untersuchung fielen neben einer schlechten Bewegungskontrolle der HWS, eine veränderte Schulterposition sowie ein veränderter Scapulo-thorakaler Rhythmus auf. Mattias Keller betonte in diesem Zusammenhang noch einmal die Bedeutung der Scapula und der Brustwirbelsäule als Basis für eine gute HWS Kontrolle. Folglich standen bei den korrigierenden Strategien auch Übungen für die Scapula auf dem Programm. Er zeigte, einen systematischen Aufbau für ein Scapulasetting. Der Kraniozervikale Flexionstest war bei der Patientin ebenfalls auffällig. Daher wurde der Fokus der Therapie auf die Aktivierung der tiefen Nackenflexoren gelegt. Die Patientin konnte nach sechs Wochen wieder beschwerdefrei ihren Tanzsport nachgehen.

Im Anschluss daran zeigte Oliver Schmidtlein weitere Techniken zur Behandlung der HWS. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Muskeltechniken, wie der Behandlung des M. Trapezius pars descendens und des M. Sternocleidomastoideus. Dabei bezog er sich auf einige bekannte Konzepte und konnte spannende Details aus seiner langjährigen Erfahrung als Therapeut vermitteln. Kritisch merkte er an, dass eine "Faszienrolle" oder ein "Triggerball" noch keine adäquate Therapie darstellen. Ein gründlicher Befund und ein gezielter Einsatz von Techniken und Hilfsmittel müsse immer im Vordergrund stehen.

Mit Dr. Stefan Mattyasovszky war der Mannschaftsarzt vom 1.FSV Mainz 05 zu Gast. In seinem Vortrag berichtete er über die Schwierigkeiten, objektive Kriterien für die Entscheidung des Return to Sport zu finden. Aktuell gibt es wenig Evidenz zu diesem Thema. Vielmehr seien subjektive Kriterien, wie die Schmerzfreiheit, Belastbarkeit der Struktur und die vollständige Funktionsfähigkeit zu beachten. Dabei machte er die TeilnehmerInnen noch einmal darauf aufmerksam, auch die Psyche des Sportlers im Blick zu haben bei der Frage nach der Rückkehr in den Sport.

Den abschließenden Beitrag lieferte Dr. Magnus Haier, Neurologe, Journalist und Buchautor. Er widmete sich dem Thema Placebo. Seinen Vortrag leitete er mit den Worten "Wer's glaubt wird gesund oder krank, glücklich oder satt, schmerzfrei oder klug." ein. Dieser verblüffenden Aussage ließ er zahlreiche belegende Beispiele folgen. So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, nach dem Lesen des Beipackzettels von Medikamenten an den genannten Nebenwirkungen zu leiden deutlich erhöht.

In den Pausen hatten die TeilnehmerInnen und DozentInnen ausreichend Zeit um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Für das leibliche Wohl sorgte das Team des Kutchiin.